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Hermann Szobel

Reinhören lohnt sich!

Da glaubt „Mann“, man hat alles schon irgendwann gehört und dann das. Falls es Euch ebenso gehen sollte: ihr seid nicht allein ... und für alle die die Scheibe „Szobel“ auch noch nicht kannten ...
Beim genaueren Lesen der Website von Charly (Freakshow-Festival) ist mir der Teil „My favourite tracks“-Teil aufgefallen. Mit dabei Bands wie Magma, King Krimson oder Chicago – also genau das was man von Charly so erwartet. Ein Name viel mir besonders ins Auge, weil ich damit so gar nichts anfangen konnte: Hermann Szobel.
Erschienen ist die Platte 1976 und wurde 2012 als CD neu aufgelegt. In einigen Audio-Streaming-Diensten ist sie mittlerweile gelistet.
Um es kurz zu machen: Reinhören lohnt sich!

Hier erst mal die Geschichte wie Charly diese Scheibe entdeckt hat:

„Die Gnade der frühen Geburt hat es ermöglicht: stunden- bzw. tagelanges Wühlen in obskuren, alternativen Plattenläden und Second-Hand-Shops auf der Suche nach dem ultimativen Sammlerkick war in den goldenen 70ern und bis weit in die 80er des letzten Jahrhunderts der Zeitvertreib eines jeden besessenen Rock- und Plattenfans - und davon gab es nicht wenige!!!
Die alphabetisch geordneten Abteilungen für arrivierte Bands und Musiker wie Deep Purple, Black Sabbath und Pink Floyd ließ man achtlos links liegen auf der Jagd nach Unbekanntem, Exotischem, Aufregendem. Natürlich verlief diese Suche gerade für die Liebhaber der ausgefallenen Klänge nach gewissen Mechanismen, denen man akribisch huldigte: die Covergestaltung war das erste Indiz für die „richtige“ Richtung (Roger Dean, Paul Whitehead und Hypgnosis hatten Zeichen gesetzt), es folgte der Blick auf die Rückseite, um anhand des Line-ups und der Laufdauer der Einzeltracks Vermutungen über Genre bzw. Qualität der Arrangements anstellen zu können. Erst nach Bestehen all dieser Eingangstests erfolgte die Hörprobe.
Das hier vorliegende Kleinod war bei meinen damaligen Suchaktionen mindestens fünfmal schon bei Sichtung des Covers zurück in den Orkus verdammt worden, erst ein Aushilfsjob in einem Second-Hand-Shop, in dessen Rahmen wirklich jede einzelne unbekannte Scheibe genauestens unter die Lupe genommen wurde, brachte mich dazu, der Rückseite und damit dem Line-up etwas mehr Aufmerksamkeit zu widmen, und - Peng! - schon war‘s um die Fassung geschehen.
Spielte doch tatsächlich ein gewisser David Samuels Vibraphon, der auf Zappas „Live in New York“ dem Meister bereits seine zarten Griffel geliehen hatte! Außerdem waren nur fünf Stücke angegeben, es gab keinen Sänger (das Cover hatte ganz andere Assoziationen geweckt...), dafür aber einen jungen Pianisten, der der Chef war, einen Bläser, einen Drummer und einen Bassgitarristen, was darauf hoffen ließ, daß die Jungs kein esoterisches Jazzgesäusel vom Stapel lassen würden. Das einzig Störende war die Tatsache, daß die lobhudelnden Linernotes von einer gewissen Roberta Flack verfaßt worden waren (ausgerechnet die, die sich mit weichgespülten Songs killen läßt!!), aber, was soll‘s, probieren geht über studieren.
Nach den ersten paar verträumten Pianoakkorden des Titelhelden in „Mr. Softee“ leitet ein geflangeter Bass in zappaeske Unisonoeskapaden aller Beteiligten über, die, ihre agogischen Zentren ständig variiert wiederholend, den rhythmischen Kontrapunkt zu den sperrig groovenden Melodielinien bilden.
„The szuite“ tastet sich vorsichtig aus dem Adagio über das Presto bis zum Molto Vivace, alle Protagonisten wirbeln deliriös um sich selbst, immer neue rhythmische Schichten entstehen, bis weiche Klarinettenklänge ein sanftes Ende ankündigen, daß dann doch nicht kommt, weil alle sich nochmal für ein erneutes Aufbäumen in brillante Unisonoriffs entschieden haben, die mit einem fulminanten Tusch enden. Oder, anders ausgedrückt, das Ganze geht dermaßen ab, und zwar über die gesamte Spieldauer, daß dem geneigten Hörer vor Begeisterung fast die Sinne schwinden.
Der damals erst 17-jährige Pianist Hermann Szobel hat alle Kompositionen und Arrangements selbst geschrieben und mit seiner leider einzigen Veröffentlichung die Meßlatte im Jazzrock so hoch gelegt, daß nur wenige nach ihm dieses Niveau erreichen konnten. Andererseits war‘s natürlich auch ganz gut, daß diese Scheibe nie bekannt geworden ist, denn dann hätte vielleicht keiner mehr gewagt, sich in diesem Genre zu betätigen.
Wer viel Glück hat, findet das Teil vielleicht als cut-out in einer Grabbelkiste, wer weniger Glück hat, zahlt einen ziemlichen Batzen beim Antiquitätenhändler seiner Wahl, und wer gar kein Glück hat, wird diese Scheibe vielleicht nie zu hören bekommen.“
Charly auf www.babyblaue-seiten.de

Auf YouTube sind die Tracks abrufbar: https://www.youtube.com/watch?v=tGfGBTUo_rM

Charlys Website: https://freakshow-in-concert.de

Rezession zur Platte: https://www.babyblaue-seiten.de/album_6587.html

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